Einflussfaktoren Beweglichkeit

Basics

Begriffsdefinition

Unter Beweglichkeit versteht man die Fähigkeit, möglichst das gesamte Bewegungsausmass, welches unser Körper uns zur Verfügung stellt, auszunützen. Eine allgemeine Beweglichkeit bezieht sich auf einen Menschen als ganzes, von spezifischer Beweglichkeit spricht man, wenn man die Beweglichkeit eines Gelenks für sich anschaut.

Bedeutung der Beweglichkeit

Im Alltag ist eine gute Beweglichkeit für alle Menschen eine Voraussetzung für eine gesunde Körperhaltung.

Im Sport ist Beweglichkeit ist ein leistungsbestimmender Faktor, weil Bewegungen dank guter Beweglichkeit weniger Kraft erfordern.

Ein sinnvolles Beweglichkeitstraining dient der Verletzungsprophylaxe und ist wichtig um muskuläre Disbalancen zu vermeiden.

Übersicht

Beweglichkeit ist zu einem kleinen Teil genetisch veranlagt, darüber muss man sich als Trainer aber wenig Gedanken machen, denn Beweglichkeit kann gut durch Training beeinflusst werden.

Körperliches Training beeinflusst die konditionellen Voraussetzungen, also die Gelenkigkeit und Dehnfähigkeit.

Koordinative Übungen sind im Beweglichkeitstraining aber genauso wichtig.

Konditionelle Voraussetzungen

Die konditionellen Voraussetzungen für die Beweglichkeit lassen sich in personelle (endogene) und situative (exogene) Faktoren unterteilen:

Die personellen Voraussetzungen sind teilweise genetisch veranlagt. Nicht alle Sportler haben die gleichen Voraussetzungen, was die Struktur der Muskulatur und des Bindegewebes betrifft. Auch ist Beweglichkeitstraining nicht bei allen Leuten gleich effektiv.

Die situativen Faktoren lassen sich durch Beweglichkeitstraining gut beeinflussen und sind bei der Planung des Trainings unbedingt zu berücksichtigen.

Gelenkigkeit

Bild: www.kenhub.com
Illustration Liene Znotina

Hier geht es darum, welchen Bewegungsumfang die passiven Strukturen, also die Knochen und der Kapsel-/Bandapparat eines Gelenks überhaupt zulassen. Die Knochen, die in einem Gelenk zusammentreffen, sind so geformt, dass sie nur bestimmte Bewegungen zulassen. (Auf dem Bild links sieht man als Beispiel den Schienbeinknochen: Die Führung auf dem Gelenkkopf verhindert, dass sich der darauf gleitende Oberschenkelknochen verdrehen kann.) Auch die Bänder schränken den Bewegungsradius eines Gelenks weiter ein, da sie die Knochen miteinander verbinden.

Diese sogenannten Arretierungen des Gelenks sind sehr wichtig, denn sie verhindern Bewegungsausschläge, die für unsere Lebensweise unnötig sind. Wenn diese Stabilisierung durch die Muskulatur geleistet werden müsste, würde dies einen hohen Energieaufwand bedeuten.

Es zeigte sich, dass sich beim Kapsel-Bandapparat Anpassungen vollziehen, wenn ein intensives Beweglichkeitstraining durchgeführt wird. Im Vergleich zur Trainierbarkeit der Dehnfähigkeit sind diese Effekte aber kleiner.

Dehnfähigkeit

Die Abbildung links zeigt ein mikroskopisches Bild eines Skelettmuskels. Man erkennt die Muskelfasern, sie bestehen aus den Proteinen Aktin- und Myosin und bilden die kontraktilen Elemente des Muskels. Umhüllt werden die Muskelfasern von den Faszien. Diese Sorgen dafür, dass die Fasern geschützt sind und gut gleiten können. Neben den Faszien gibt es auch noch intramuskuläres Bindegewebe, es besteht aus dem Protein Titin. Man hat herausgefunden, dass nicht die kontraktilen Elemente eines Muskels (also Aktin und Myosin) für den Dehnungswiderstand verantwortlich sind, sondern das Bindegewebe (also die Faszien und Titinfilamente). Bei gezieltem Beweglichkeitstraining verändert sich die Struktur der Faszien und Titinfilamente und das Gewebe wird elastischer.

Die Dehnfähigkeit ist auch stark vom Erwärmungszustand abhängig. Die meisten Sportler wissen aus Erfahrung, dass die Beweglichkeit der Muskulatur im kalten Zustand kleiner ist als im erwärmten Zustand. Um ein zielgerichtetes Beweglichkeitstraining durchzuführen ist es also zentral, dass bereits ein Aufwärmen stattgefunden hat. Beweglichkeitstraining im Sinne von „Eindehnen“ als Aufwärmen zu betrachten, macht keinen Sinn. Weniger Beachtung schenkt man der Tatsache, dass die Beweglichkeit einer ermüdeten Muskulatur auch wieder kleiner wird. Folglich sollte Beweglichkeitstraining auch nicht am Ende eines harten Trainings stattfinden.

Ein regelmässig durchgeführtes Beweglichkeitstraining ermöglicht es, die personellen Voraussetzungen eines Athleten optimal auszunutzen. Wenn das Training nicht mehr regelmässig durchgeführt wird, lassen die Effekte nach, und die Beweglichkeit bleibt nicht erhalten.

Koordinative Fähigkeiten

Körperwahrnehmung

Weineck spricht im Zusammenhang mit Beweglichkeitstraining auch von „kinästhetischer Wahrnehmung“, also der Wahrnehmung von Bewegungen und Positionen unserer Körperteile. Im Unterschied zur taktilen Wahrnehmung, bei der wir mit Rezeptoren auf unserer Haut Reize empfangen, melden bei der kinästhetischen Wahrnehmung Rezeptoren in den Muskeln und Sehnen, wie stark der Muskel angespannt oder die Sehne unter Zug ist. Diese Reize richtig zu interpretieren, ist beim Beweglichkeitstraining wichtig, denn nur so erkennen wir, ob uns eine Dehnposition noch gar keinen Effekt hat, gerade eine gute Dehnung bewirkt oder vielleicht sogar schon zu extrem ist. (Aufgrund dieser Überlegungen empfiehlt Weineck, wenn immer möglich mit Eigendehnung zu arbeiten.)

Zusammenspiel zwischen Agonist und Antagonist

Foto: Vladek Zumr

Vor allem für die aktive Beweglichkeit sind die koordinativen Fähigkeiten mitentscheidend. Der Kletterer auf diesem Bild beugt (flektiert) sein Hüftgelenk hier aktiv, (denn sein Knie war ja vorher weiter unten und er musste den Fuss aufs grüne Volumen stellen).

Damit diese Position überhaupt eingenommen kann ist es grundsätzlich nötig, dass die Dehnfähigkeit der hinteren Oberschenkelmuskeln und des Gesässmuskels (hier Antagonisten) dies zulässt. Dies reicht aber nicht, denn damit die Bewegung ausgeführt werden kann, muss der Kletterer die vordere Oberschenkelmuskulatur (hier Agonisten) anspannen, gleichzeitig muss die Spannung in den Antagonisten gelöst werden können. Erst dieses Zusammenspiel lässt den Kletterer das Bein anheben.